Wir trauern um Axel Anklam

Noch im Juni 2018 durfte ich Axel dank unseres gemeinsamen Freundes Carsten Moor in seinem Berliner Atelier besuchen. Zu der dort vereinbarten gemeinsamen Unikat-Monographie und Werkreihe sollte es jedoch nicht mehr kommen. Jens Hinrichsen hat für die MONOPOL die perfekten Worte gefunden, die wir hiernach rezitieren und uns im Namen der Spiegelberger Stiftung anschließen.

Axel Anklam setzte mit seinen lichtaffinen Skulpturen konstruktivistische Tradition mit modernsten Mitteln fort. Nun ist der Bildhauer an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben.

Er schuf formklar definierte Plastiken und Reliefs, die doch nicht leicht zu fassen waren. Axel Anklam war – mit einem Wort des Kunsthistorikers Christian Malycha – ein “Bildhauer des Lichts”. Was paradox klingt, erklärt sich aus der Verwendung spiegelnder oder transparenter Materialien. Anklam zählte zu einer jungen Bildhauergeneration, die sich auf die Avantgarden der 1920er und 1930er bezog. “In der alten Plastik hatte das Licht keine Wohnstatt im Werk”, hatte Antoine Pevsner 1956 erklärt, “Aber im Werk von Gabo und mir dringen Licht und Schatten bis ins Innere der Plastik, die sie absorbiert wie ein Schwamm”. Die Brüder Naum Gabo und Pevsner waren die Pioniere in der Verwendung künstlicher Werkstoffe.

Anklam, der 1971 im brandenburgischen Wriezen geboren wurde und seine Ausbildung als Kunstschmied noch als DDR-Bürger begann, setzte die konstruktivistische Tradition fort – mit modernsten Mitteln. Seine Arbeit sei “sehr zeitgenössisch”, hat er in einem Gespräch betont. “Die Materialien, die ich verwende, hat erst die hochindustrialisierte Welt hervorgebracht (…) Ursprünglich habe ich nur nach lichtdurchlässigen Materialien gesucht, und gefunden habe ich transluzente Kunststoffe und Edelstahlgaze. Edelstahl war erst nach dem Krieg massentauglich einsetzbar und die Epoxidharze, mit denen ich arbeite, gibt es erst seit den 60er-Jahren. Die Materialien, aus denen meine Skulpturen gemacht sind, spiegeln also ganz klar unsere Zeit wider. Im Alltag sind wir ständig mit den verschiedensten Materialien konfrontiert. Die Beschaffenheit von Kleidung, Autolacken, Elektrogeräten und so weiter – das alles sind Vermittler der Zeit, in der wir leben.”

1993 wurde Anklam zum Kunstschmiedemeister ernannt. Bis 1996 führte er freie Gestaltungs- und Restaurierungsaufträge aus, bis 1998 arbeitete er als Restaurator im Potsdamer Schloss Sanssouci. Anschließend studierte Anklam bis 2002 an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein und wechselte dann an die Berliner Universität der Künste, wo er 2006 als Meisterschüler von Tony Cragg abschloss. 2010 war er Gastprofessor an der Kunstakademie Stuttgart, 2013 nahm Anklam an der Venedig-Biennale teil.

Formen mit Eigendynamik

“Bei meinen Skulpturen gibt es immer einen Anfangsimpuls wie zum Beispiel ein Gefühl, eine Landschaft oder die Musik”, skizzierte Anklam seine Praxis. “Aber die Formen entwickeln darauf aufbauend eine Eigendynamik, während ich an ihnen arbeite. Man darf nicht vergessen, dass Kunst die Welt nicht bloß vorfindet und kopiert, sondern sie überhaupt erst erfindet, ihr eine Form gibt.” Axel Anklam war zweifellos ein Formerfinder, der zugleich die Betrachterinnen und Betrachter nie mit geschlossenen oder gar “abgeschlossenen” Formen konfrontierte, sondern das Publikum beim Seh-Erlebnis herausforderte.

Trotz einer schweren Krebserkrankung arbeitete Anklam in seinen Ateliers in Berlin und dem unweit seiner Geburtsstadt Wriezen gelegenen Bad Freienwalde bis fast zuletzt. Im September konnte der Künstler noch die Installation der goldglänzenden Skulptur “Lichtung” im Haupttreppenhaus der Marburger Universitätsbibliothek persönlich begleiten. Mit dem Gemeinschaftsentwurf hatten Anklam und sein Berliner Künstlerkollege Thomas Henninger 2019 einen “Kunst am Bau”-Wettbewerb des Landes Hessen für sich entschieden.

Am 1. Januar ist Axel Anklam nach Angaben seiner Familie im Alter von 50 Jahren gestorben. Ein Weg ins Licht, vielleicht, aber viel zu früh.