Charaktere in der Pop-Art

Künstlereinführung

Der deutsche Künstler Jim Avignon wurde 1966 geboren und ist vor allem für seine comichaften Acrylmalereien bekannt. Er malt schnell – vorwiegend auf Karton und Pappe, was den Vorteil bietet, dass die Farbe schnell darauf trocknet und zudem leichter zu transportieren ist als sperrige Leinwände. Oftmals fängt er erst zwei Tage vor Ausstellungsbeginn an, die Bilder zu erstellen. Der intuitive Entstehungsprozess und die kostengünstigen Materialien verkörpern auch die Haltung Avignons gegenüber der Kunst. Er möchte, dass die künstlerische Arbeit im Vordergrund steht und nicht der durch den Kunstmarkt in die Höhe getriebene Geldwert eines Werkes. Im Gegensatz zu anderen Künstlerinnen und Künstlern mit seiner Reichweite begrenzt Avignon bewusst die Preise für seine Bilder. Wichtiger als hohe Gewinne ist ihm, dass der neue Besitzer es schätzt.

JIM AVIGNON, CIVILISATION, 2020

Auch in Museen arbeitet er schon einmal unkonventionell: Bei seiner ersten Museumsausstellung in der Kunsthalle Schirn hängt er 800 seiner Werke an Wäscheleinen durch die Räume und gibt den Besuchern die Möglichkeit um Mitternacht für kleines Geld eines davon abzuhängen und mitzunehmen. Auf einer Kunstmesse in Karlsruhe dreht er den Spieß um und verkauft die Bilder mit der Rückseite nach vorne gerichtet – erst danach bekommen die Käufer sie zu sehen. So gilt Jim Avignon auch als Begründer der Cheap Art.

Der Künstler Jim Avignon ist Szene-übergreifend bekannt – als Maler, Musiker und Veranstalter. In Berliner Techno-Clubs malte er, während die Gäste feierten. Ähnlich wie bei Keith Harings Subway Drawings sind die entstandenen Livepaintings in schwarz/weiß gehalten und zudem von Schnelligkeit im Malprozess geprägt. Avignon hält die Stimmung des Clubs fest und überträgt diese durch die Vielzahl und Diversität seiner Characters. Seine Beziehung zu den Clubs spiegelt sich auch in anderen Werken wider. Oft setzen sie sich mit dem großstädtischen Nachtleben auseinander.

 

JIM AVIGNON, LAST ORDERS, 2020

Seine Sujets beschäftigen sich ebenfalls mit Konsumkritik und halten der Gesellschaft in verschiedensten Darstellungen einen Spiegel vor. Die Characters skizzieren menschliche Charakterdefizite und nehmen gesellschaftliche Missstände unter die Lupe. In Clubszenen oder auch einzeln werden sie markant porträtiert. Menschen, Häuser, Skelette, oder Tiere – in Jim Avignons Welt kann alles und jeder Akteur sein.

JIM AVIGNON, DANCE THE NIGHT AWAY

Öfters taucht die personifizierte Erde auf, beispielsweise als Kellner in einer Szene-Bar, oder als Heißluftballon, in dessen Korb sich unter anderem ein rauchender Schornstein, eine fies grinsende Geldmünze und eine zuversichtlich lächelnde Immobilie davontragen lassen.

19 JIM AVIGNON, HAUSWAND ONE WALL ART PARK TEGEL, BERLIN 2020

Das Gemälde an der Hauswand im Artpark Berlin ist eines der großflächigen Werke des Künstlers. Bereits 1990 bemalt er im Rahmen eines internationalen Kunstprojekts einen Teil der Eastside-Gallery, den größten noch erhaltenen Teil der Berliner Mauer. 2013 übermalt Jim Avignon sein eigenes Bild in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit einem neuen Thema und sorgt damit auch für Kritik unter einigen Künstlerkollegen des Projekts. Trotzdem bleibt er seinem Kunstverständnis treu und stellt damit die sich erneuernde Kunst über den Denkmal-Wert der 23 Jahre zuvor geschaffenen Kollektivarbeit.

JIM AVIGNON, DICING WITH THE DEVIL

JIM AVIGNON, YO, BROTHER, UNDATIERT

JIM AVIGNON, ATTACHMENT, 2020

Die Malereien von Jim Avignon setzen häufig politische Statements, oder provozieren den Betrachter zumindest soweit, genauer zu reflektieren. Sie werfen einen Blick auf die Zwänge der heutigen Zeit wie beispielsweise ständige Erreichbarkeit, die Außendarstellung in sozialen Medien, Abgabefristen und durchgetaktete Arbeit in einer immer schneller werdenden Welt.

Mit bunten Farben malt Avignon seine Characters. Im neoexpressionistischen Stil arbeitet er seine Statements heraus. Die schwarzen Outlines und die Mimik der Charaktere sind Wiedererkennungsmerkmal des Künstlers. Mit klaren Pinselstrichen trägt er die verdünnte Acrylfarbe auf das Trägermaterial auf. Hierbei bedient er sich hauptsächlich der Primärfarben, welche er teilweise erst auf dem Papier zum finalen Farbton zusammenmischt. Durch die Verwendung von Pappe, statt einer herkömmlichen Leinwand, bringt Avignon seine Farben auf besondere Weise zum Leuchten.